Winsen, am Montag den 18.08.2025

Sie machen „Buchholz essbar“

von Winfried Machel am 16.11.2023


Buchholz besser machen: In der Richardt-Schmidt-Straße entsteht auf einem ehemaligen Spielplatz am Stadtpark ein öffentlicher Obstgarten 


Buchholz (hh). Mit ausladenden Schritten schreitet Mona Martens den ehemaligen Spielplatz an der Richard-Schmidt-Straße ab. „Ich will sehen, wie viele Sträucher hier hinpassen“, sagt die Gärtnerin. Heidelbeere, Stachelbeere Holunder, echte Felsenbirne und andere winterharte Sträucher wollen knapp 20 engagierte Buchholzerinnen und Buchholzer auf einem rund 500 Quadratmeter großen Teilstück des Grundstücks am östlichen Rand des Stadtparks in die Erde bringen. Die Pflanzaktion ist das Ergebnis eines so genannten Tischgesprächs mit dem schönen Titel „Buchholz essbar machen“. Ins Leben gerufen hat das Annette Noch gemeinsam mit dem Klimaschutzbeauftragten der Stadt, Nico Wiesmann, im Rahmen des Körber-Stiftung-Projekts „Buchholz besser machen“.


Die Nordheidestadt wird damit wie Kassel, Andernach oder Düsseldorf eine von bundesweit rund 100 Kommunen, in denen urbaner Raum für den Anbau von Lebensmitteln genutzt wird. „Der Anbau heimischer Gewächse und Sorten, die auch in der Natur vorkommen, stärkt die Identifikation mit der Region und unterstützt die Biodiversität der Stadt“, erläutert Buchholz‘ Klimaschutzbeauftragter, Nico Wiesmann. Wenn die Früchte im Laufe des kommenden Sommers erntereif sind, „ist pflücken ausdrücklich erlaubt“, ergänzt Noch. Jeder der möchte, dürfe sich für den heimischen Bedarf bedienen. Wichtig: „Am Anfang eher naschen als richtig ernten, damit möglichst viele die Freude haben, mal zu probieren.“


In der Nachbarschaft ist die Initiative offenbar auf offene Ohren gestoßen. „Anwohner haben uns angesprochen und gefragt, ob sie uns Pflanzen spenden können, Kirsch- oder Pflaumenbäume zum Beispiel“, freut sich Noch, die mit ihrer Familien erst vor gut einem Jahr nach Buchholz gezogen ist. „Vielleicht finden wir noch weitere Flächen, die bepflanzt werden können oder sich für Hochbeete eignen“, hofft Wiesmann.


Die engagierte Neu-Buchholzerin denkt schon über ihre nächstes Projekt nach. „Ich möchte gerne Rundgänge durch die Stadt anbieten, um herauszufinden, wo überall essbares wächst.“ Dazu gehören nicht nur die üblichen Verdächtigen wie Kirsche, Birne, Brom- oder Blaubeere - sondern auch das ein oder andere Kraut, dem meist die Silbe „Un“ vorangestellt ist. „Giersch, Löwenzahn, Brennnessel, Gänseblümchen - das ist alles essbar“, weiß Noch. Und - der Bitterstoffe wegen - auch gesund. „Aus dem Thema ließe sich auf jeden Fall ein weiteres Tischgespräch machen.“ 


Die Plattform dafür steht immer noch zur Verfügung. Wie berichtet, hat die Körber-Stiftung die intensive Projektbegleitung planmäßig im Herbst zwar 2023 beendet. Die Stadt möchte den Prozess aber fortsetzen. Die Körber-Stiftung stellt Buchholz dafür ein Teil ihrer Ressourcen zur Verfügung. So bleiben die Webseiten fürs Organisieren der Tischgespräche online. „Wer Ideen für lokale Klimaprojekte hat, findet einen direkten Link zu ‚Buchholz besser machen‘ auf der Webseite der Stadt“, erläutert Wiesmann, „hier sind Kontaktdaten und alle Informationen für die Organisation eines Tischgespräches zusammengefasst.“ 


Gut drei Stunden lang heben Noch, Martens, Wiesmann, ihre Mitreiterinnen und Mitstreiter sowie ein gutes halbes Dutzend Kinder Löcher aus, setzen Pflanzen in den weichen Boden und wässern diese. Als es langsam dunkel wird ist der erste öffentliche Buchholzer Obstgarten fürs erste fertig. Einmal in die Erde gesetzt, sind die Pflanzen zunächst weitgehend sich selbst überlassen. „Wir werden immer mal nach dem Rechten schauen“, verspricht Noch. Und wenn dann im nächsten Jahr die Erntezeit naht, „hoffen wir alle auf viele leckere Früchte“. 



Nachhaltig leben im Doppelhaus

In Dibbersen haben Freunde ihr Wohnprojekt realisiert: Geheizt wird mit Erdwärme, Strom kommt vom Dach


Buchholz (hh). Für Zeljko Kamenjasevic war völlig klar: Wenn er einmal ein Haus baut, dann nicht nur für sich und seine Familie. Im August 2021 wird der Wunsch Wirklichkeit, setzen Kamenjasevic und ein guter Freund den ersten Spatenstich für ihr gemeinsames Wohnprojekt - ein Doppelhaus in Dibbersen. Neun Monate später ziehen sie ein. „Wir haben unsere Häuser möglichst energieeffizient gebaut.“ Fenster, Türen, Dämmung von Dach und Wänden entsprechen dem Effizienzhaus-Standard 55. Damit entspricht das Doppelhaus - Wohn- und Nutzfläche jeweils 145 Quadratmeter  - dem aktuellen Energiestandard von Neubauten. 


Theoretisch. Praktisch dürfte die Energiebilanz des Wohnprojekts der beiden Familien noch deutlich besser ausfallen. „Wir heizen statt mit einer konventionellen Gasheizung mit Erdwärme.“ Seinen Kumpel musste Kamenjasevic davon erst noch überzeugen. „Der wollte ursprünglich eine Gasheizung mit Solarunterstützung für Warmwasser haben“, erzählt der Vater zweier Kinder. Nicht zuletzt aus finanziellen Gründen. Inklusive Tiefenbohrung sollte die Wärmepumpe, die erste ihrer Art in Dibbersen, schließlich rund 15 000 Euro mehr kosten - pro Haus. Dank der Fördermittel des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa), reduzierten sich die zusätzlichen Ausgaben letztlich auf etwa 3000 Euro pro Partei. Damit war der Weg zur regenerativen Wärmeversorgung geebnet. „Wegen Lieferengpässen mussten wir dann nur noch entscheiden, wer zuerst dran kommt.“ Einen Münzwurf später war auch das geklärt. Kamenjasevic, der als Polizist in Hamburg arbeitet, bekam seine Pumpe pünktlich zum Einzug im Mai 2022, sein Freund, Kollege und Nachbar ein paar Monate später .


Kaum eingezogen, dachten die Freunde schon über den nächsten Schritt nach. „Wir wollten möglichst viel Strom selbst produzieren“, berichtet der 50-Jährige. Also holten sie sich Angebote für Photovoltaik-Anlagen (PV). Den entscheidenden Impuls brachte Anfang diesen Jahres eine Anzeige. Beim Surfen auf Facebook poppte in Kamenjasevics Timeline plötzlich der Name eines alten Bekannten mit Werbung für PV-Anlagen auf. „Der war ganz neu im Geschäft.“ Man wurde sich schnell handelseinig. Und dann ging alles ganz fix - und einfach. „Wir wurden sein Pilotprojekt, haben im Juni bestellt und schon vier Wochen später wurde die Anlage installiert.“ 10 Kilowatt Speicher im Hauswirtschaftsraum inklusive. Der bürokratische Aufwand hielt sich für die Bauherren dabei in engen Grenzen. „Die Firma hat sich weitgehend gekümmert.“ Inzwischen hat Kamenjasevic auch das Carport mit PV-Modulen belegen und seine ursprünglich 7 Kilowatt Peak-Anlage auf 12 Kilowatt-Peak aufrüsten lassen. 


Von Mai bis Oktober geht der Großteil seines PV-Stroms an die Stadtwerke. Spätestens mit dem nächsten Familienauto wird sich das aber ändern. „Das wird in jedem Fall ein Elektromobil.“ Dann müssten die Kamenjasevic wenig bis gar keinen Strom mehr verkaufen, könnten den größten Teil selbst verbrauchen. Ihre so genannte Autarkieqoute - die drückt in Prozent den Grad der Unabhängigkeit von Stromlieferungen aus - stiege damit auf deutlich über 60 Prozent. Rund 24 000 Euro hat die Familien die PV-Anlage gekostet. Für Kamenjasevic eine gute Investition. „Der Strompreis wird sicher wieder etwas sinken, aber tendenziell eher hoch bleiben.“ Nach voraussichtlich zehn Jahren, schätzt der Dibberser, dürften sich die Mehrkosten amortisiert haben. „Wir“, sagt Kamenjasevic und spricht jetzt wieder für beide Familien, „sind sehr froh, dass wir uns für nachhaltige Energieversorgung, für Erdwärme und Photovoltaik entschlossen haben.“

© Fotos: Stadt Buchholz


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