Winsen, am Montag den 18.08.2025

LOCARLO: Den Ewer plagt das Reißen

von Winfried Machel am 25.04.2022


Der Nachbau eines historischen Salzfrachters hat größere Schäden als gedacht. Die Frage ist, wie lange ist er zu retten

Eigentlich sollte der Ewer schon längst wieder am Alten Kran in der Ilmenau vertäut liegen. Eigentlich. Denn die Reparaturen an dem Frachter fallen deutlich größer aus als erwartet. Als die Crew das Boot vor sechs Wochen mithilfe eines Autokrans aus dem Fluss auf das Gelände der AGL am Klärwerk heben ließ, war schnell klar, dass die Arbeiten größer ausfallen müssen als zunächst gedacht. Eine Planke ersetzen -- nein, das reichte nicht.

"Wir haben dann gesehen, dass vorne die linke Plankenseite vergammelt ist", sagt Jens-Peter Fiedler von der Crew. Doch auch der gegenüberliegende Part war angegriffen. Gemeinsam mit Schiffbauern der Flensburger Museumswerft gehen sie die Arbeiten an. Und stoßen auf neue Schwierigkeiten: das Holz. Sie benötigen Eichenplanken. Kaum auf dem Markt.

"Wir haben bei der Firma Roggemann im Hafen etwas bekommen, nach langer Suche", erzählt Fiedler. Aber zu wenig. Die Flensburger wollen Nachschub mitbringen und scheitern bei ihrem Lieferanten. Fiedler fällt Siegfried Mehring ein. Der Senior, bald hundert Jahre alt, hat als der Ewer 2008/9 in einem Projekt für arbeitslose Jugendliche entstand, die Bretter in seinem Sägewerk an der Lüner Heide geschnitten. Sie haben Glück, der alte Handwerker hat noch einen Rest Bohlen auf Lager.

"Wir haben rund 30 Meter Eichenplanken erneuert", sagt Fiedler. Allerdings sei viel Verschnitt dabei, denn das Holz müsse die richtige Dicke und Breite haben. Obendrein brauchen die Männer und Frauen für den Ewer neue Nägel. Damals wurden sie nach historischem Vorbild extra geschmiedet. Heute setzen sie auf eine modernere geschweißte Version.

Seit dem 11. März arbeiten sie fast täglich ehrenamtlich mit einer Handvoll Mitgliedern auf ihrer provisorischen Werft an der Kläranlage. Sie streichen, bessern aus, kalfatern, also teeren und stopfen, die Nähte zwischen den Planken. Gut 10 000 Euro kostet die Sanierung, schätzt Jens-Peter Fiedler vom Förderverein. Das Boot gehört dem Salzmuseum.

Klar sei, "wir retten den Ewer", sagt Fiedler. Aber wie lange gelingt es noch? Denn auch an anderen Stellen rottet das Holz. Alle zwei, drei Jahre muss das Boot in die Inspektion. Denkbar sei aber auch, dass sich der Aufwand irgendwann nicht mehr lohnt und man über einen Neubau nachdenken müsse. Nicht alles: Denn der kleine Bruder des Ewers, der Prahm, müsste wohl ebenfalls überholt werden. Im Herbst oder vielleicht auch erst im kommenden Jahr wollen die Ehrenamtlichen das Ganze angehen. Jetzt freuen sie sich darauf, wieder ein Stück auf der Ilmenau fahren zu können, am 6. Mai ist eine Tour mit einer Gruppe der Volkshochschule geplant.

In den kommenden Tagen wollen sie den Salztransporter wieder in den Strom setzen. Dann erinnert er an die Zeit vor Jahrhunderten, in der Lüneburg sein weißes Gold über Ilmenau, Elbe und die Stecknitzfahrt, einen Kanal, nach Lübeck verschiffte. Carlo Eggeling

© Fotos: Carlo Eggeling


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