Gremium schließt Öffentlichkeit aus, obwohl alles bekannt scheint
von Carlo Eggeling am 30.01.2023Die Besucherzahl ist in der Regel überschaubar, doch wenn Rat und seine Ausschüsse tagen geht es um Öffentlichkeit: Der Bürger soll wissen, was Politik diskutiert, welche Entscheidungen Parteien treffen, wie Verwaltung arbeitet. Heute Nachmittag um 15 Uhr tagt der Lüneburger Bauausschuss. Zwei wichtige Themen will das Gremium hinter verschlossenen Türen des Huldigungssaals des Rathauses besprechen: den Bauantrag der Landeskrankenhilfe für einen Bürobau neben der Universität und die Bauvoranfrage für zwei Stadtvillen am Schanzenweg, einen Steinwurf vom Senkungsgebiet am Ochtmisser Kirchsteig entfernt. Warum die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden soll, bleibt rätselhaft.
Bauausschussvorsitzender Jens-Peter Schultz (SPD) verweist auf ein generelles Vorgehen. Es gehe darum, dass Bauherren ihre Ideen vorstellen, der Ausschuss Hinweise gibt, was man sich vorstellt und wo man Probleme habe. Werden Bauanträge gestellt, werde die Öffentlichkeit eingebunden. Es gehe um Vertraulichkeit.
Das wirkt heute allerdings eigenwillig. Die Landeskrankenhilfe stellt ihr Vorhaben auf der eigenen Internetseite samt Entwurfsplanung vor: Büroflächen am Bockelsberg für die Uni direkt am Libeskind-Bau, viergeschossig mit einer Nutzungsfläche von 3800 Quadratmetern, roter Klinker, Photovoltaikanlage. Wofür braucht es Vertraulichkeit, wenn das Projekt quasi im Schaufenster steht?
Das andere Projekt ist in der Nachbarschaft umstritten. Am Schanzenweg/Ecke Mönchsgarten/Lauensteinstraße möchte ein Unternehmen zwei leerstehende Häuser abbrechen. Seine Pläne habe der Investor, so stand es in der LZ, Anwohnern vorgestellt, 50 Briefe, zig Telefonate. Einmal vier Vollgeschosse plus Dachgeschoss, einmal dreigeschossig plus Dachgeschoss, dazu eine Tiefgarage. So ist das Vorhaben beschrieben, konnte lesen, wer es wollte. Warum können Nachbarn im Bauausschuss nicht zuhören, wenn Details öffentlich sind?
Zumal hier große Sorge besteht, da einen Steinwurf entfernt der wackelige Ochtmisser Kirchsteig liegt, an dem Gebäude gewaltig wegsacken. Anwohner mussen über Monate ihr Haus räumen, weil die Stadt Einsturzgefahr attestierte. Erst nach Reparaturen war eine Rückkehr möglich. Andere Anwohner haben Stahlkonstruktionen eingezogen, speziellen Schaum in den Untergrund pressen lassen für eine Stabilisierung. Die Stadt hatte erklärt, am Schanzenweg sei keine Abwärtsbewegung bekannt.
Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch war im Wahlkampf für mehr Transparenz eingetreten. Bauausschutzvorsitzender Schultz will die nun fordern. Gerade in Sachen Schanzenweg stelle sich die Frage, ob für das Gebiet rund um den senbungsgebeutelten Ochtmisser Kirchsteig ein Bebauungsplan erstellt werden müsse. Den gibt es dort, wie an vielen anderen Stellen der Stadt nicht. Das bedeutet, eine Bebauung muss sich in die bestehenden Verhältnisse einpassen. Einflussmöglichkeiten für Verwaltung und Politik sind überschaubar.
Was am Ende herauskommt, dürfte die Öffentlichkeit interessieren -- der Bürger, der Souverän, ist schließlich davon betroffen.
Carlo Eggeling
Die Fotos zeigen den Schanzenweg, den Ochtmisser Kirchsteig und den Entwurf, der sich auf der Internetseite der LKH findet.
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