Ehrenamtliche Wespenberater suchen Unterstützung
von Landkreis Harburg am 01.08.2024Eigentlich interessierte Oliver Lehmann sich für Bienen und die Imkerei – und wollte lediglich einen Imkerkurs machen. Doch dabei blieb es nicht: Sein „Imkervater“ begeistert ihn nicht nur für die Honigproduzenten, sondern auch für Wespen und Hornissen. „Wespenberater, das musst du machen“, riet er ihm. Oliver Lehmann war erst skeptisch. Er überlegte, willigte dann ein – und hat die Entscheidung nie bereut: Eine tolle Tätigkeit, findet er noch immer. Seit mehr als zehn Jahren ist der 46-Jährige als ehrenamtlicher Wespenberater des Landkreises Harburg tätig, als einer von sechs Beraterinnen und Berater im Landkreis. Doch Lehmann und seine Kolleginnen und Kollegen suchen Verstärkung: Der Landkreis Harburg sucht Ehrenamtliche, die sich in dem Bereich engagieren wollen.
„Die Berater leisten mit ihrer Arbeit einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Insekten. Sie wecken gleichzeitig Verständnis für das richtige Verhalten gegenüber den Tieren in der Bevölkerung“, weiß Susann Köhler von der Abteilung Umwelt des Landkreises Harburg.
Der Bedarf ist groß: Wenn es summt und brummt im Garten, häufen sich auch die Anrufe bei der Kreisverwaltung. „Hilfe, wir haben ein Wespennest“, heißt es dann. Was vielen oft nicht bewusst ist: Hummeln, Hornissen und andere Wespenarten stehen unter besonderem gesetzlichen Schutz, sie dürfen nicht verletzt oder gefangen werden – und ihre Nester erst recht nicht einfach vernichtet werden. Der Landkreis Harburg hat deshalb das Netzwerk von ehrenamtlichen Beraterinnen und Beratern eingerichtet, die kompetent ihre Hilfe anbieten und Tipps für den richtigen Umgang mit den gestreiften Fliegern geben.
Denn so lästig die Insekten vielen scheinen, wenn sie an der sonntäglichen Kaffeetafel auftauchen, so nützlich sind sie für das Ökosystem: durch die Bestäubung der Blüten, für den Abbau von organischem Material und als „Schädlingsbekämpfung“ – und darüber hinaus selbst als Nahrung für andere Wildtiere. Wenn die Wespen allerdings nicht nur zur Stippvisite im heimischen Garten erscheinen, sondern sich vielleicht noch am Gartenhaus oder am Sitzplatz häuslich niederlassen, sind viele Bürgerinnen und Bürger verunsichert.
Anders als Bienen oder Hummeln haben Wespen und Hornissen oft einen schlechten Ruf – und die Angst vor ihnen ist groß. Völlig zu Unrecht, betont Oliver Lehmann. „Das sind liebenswerte Tiere, die einen großen Nutzen haben. Die haben einfach keine Lobby, dabei sind sie so wichtig für das Ökosystem“, bedauert er, stellt oft Unkenntnis über Wesen und Bedeutung der schwarz-gelben Raubinsekten fest. Er ist immer wieder fasziniert von den Tieren – und schätzt an der Tätigkeit als Wespenberater die vielen Kontakte zu Menschen, die unterschiedlichen Fragen.
Um die Bürgerinnen und Bürger fachkundig beraten zu können, besuchte Lehmann zunächst eine Ausbildung als zertifizierter Wespenberater. Auch für Neueinsteiger bietet der Landkreis diese Fortbildung an, eine erste startet bereits im Frühherbst, weitere folgen 2025. „Der Kurs war ganz große klasse“, erinnert er sich. „Da habe ich viel über die Zusammenhänge in der Natur gelernt, aber auch für die praktische Arbeit.“ Hauptaufgabe für den Neu Wulmstorfer sind die Beratung und Gespräche mit den Bürgerinnen und Bürger – gern auch per Messengerdienst. „Da können gleich Bilder mitgeschickt werden, dann kann ich das gleich ganz anders bewerten.“
Die Berater klären in erster Linie über die Lebensgewohnheiten dieser oft verkannten Wildtiere auf. Sie informieren über das richtige Verhalten gegenüber Wespen, Hornissen & Co. und bauen Vorurteile ab. Hornissen beispielsweise wirken aufgrund ihrer Größe und tiefen Brummens oft sehr angsteinflößend – „dabei sind die so friedliebend“, lacht Lehmann. Und das Wespennest am Rande der eigenen Terrasse oder an der Hausecke führe keineswegs dazu, dass man die gestreiften Flieger als Dauergast begrüße: „In der Umgebung am eigenen Nest verhalten sich Wespen eher unauffällig und unaufdringlich.“ Da gilt am besten: Abstand wahren und in Ruhe lassen. Denn Wespen und Hornissen sind von Natur aus nicht aggressiv, sondern stechen nur, wenn sie sich bedroht fühlen. Daher gilt: Schnelle, unkontrollierte Bewegungen und das Anpusten der Tiere in jedem Fall vermeiden und nicht nach anfliegenden Tieren schlagen.
So wollen die Wespenberater mehr Verständnis für die Tiere wecken, die zahlreiche andere Insekten fernhalten, und die unnötige Zerstörung von Nestern verhindern. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigen, dass der Großteil der Fälle mit kostenloser Beratung, mit Information, Aufklärung und Beratung der Bürger gelöst werden kann. „Wenn ich Menschen überzeugen kann, Verständnis für Wespen wecke, ist das immer ein schöner Moment“, sagt Lehmann. „Mein Anliegen ist es dabei aber, nicht nur den Tieren zu helfen, sondern auch Verständnis für die Menschen zu haben – und Lösungen zu finden, mit denen alle zufrieden sind.“
Wenn allerdings nötig, siedeln die sechs Experten an ungünstiger Stelle gebaute Nester tier- und fachgerecht um. Aber Umsiedlung ist für Lehmann ohnehin nur der letzte Schritt. „Für das Volk ist das ein erheblicher Einschnitt“, sagt er.
Was den 46-Jährigen freut: Die Art der Anfragen haben sich geändert. Vor zehn Jahren habe es oft noch die Erwartungshaltung gegeben, dass er möglichst sofort komme und das Wespennest wegnehmen. „Heute hören die Leute zu und wollen vor allem wissen, was sie machen können, wie sie sich verhalten müssen.“ Und oft könne er statt einer Umsiedlung mit anderen Maßnahmen überzeugen. So lasse sich beispielsweise die Einflugschneise der Wespen zum Nest umlenken oder wenn nötig, könne das Nest versetzt werden: Einen Meter pro Tag kann es „wandern“. In einem besonders skurrilen Fall allerdings kam nur eine Umsiedlung in Frage: Damals wurde Lehmann in ein Wohnzimmer gerufen, in dem der Bewohner monatelang das Fenster gekippt und dann nicht weiter beachtet hatte. Die Wespen hatten ihre Flugschneise – und das Nest in den Falten der Gardinen gebaut.
Die telefonischen Beratungen der Experten des Beraternetzes sind kostenlos. Lediglich für Beratungen vor Ort und die Umsiedlung des Nestes wird eine Gebühr erhoben. Die Kosten für die Umsiedlung eines Wespen- bzw. Hornissennestes belaufen sich auf 70 Euro und gegebenenfalls Materialkosten. Bei Ortsterminen fallen zusätzlich noch Fahrtkosten an.
Die Berater stehen mit Informationen gerne zur Verfügung. Die Telefonnummer des für den jeweiligen Ort zuständigen Beraters ist bei der Abteilung Umwelt des Landkreises Harburg, Telefon 04171 – 693 296, im Internet unter www.landkreis-harburg.de, Stichwort „Hornissen- und Wespenberatung“, sowie bei den Ordnungsämtern der Städte und Gemeinden zu erfahren. Der Landkreis warnt vor unseriösen Schädlingsbekämpfern, besonders bei Angeboten aus dem Internet.
Wer sich selbst näher mit den gelb-schwarzen Insekten beschäftigen und das Team der Wespen- und Hornissenberater im Landkreis verstärken will, erhält weitere Informationen ebenfalls bei der Abteilung Umwelt, Telefon 04171 – 693 297.
Bild © Landkreis Harburg / Bildunterschrift 1:
Als Wespenberater will Oliver Lehmann auch für Verständnis und Akzeptanz für die Raubinsekten werben. Er und seine Kolleginne und Kollegen suchen Verstärkung für das Ehrenamt.
Bild © Landkreis Harburg / Bildunterschrift 2:
Auch das Einfangen eines Schwarms und eventuell die Umsiedlung eines Volkes gehört zu den Aufgaben von Wespenberater Oliver Lehmann.
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