Armut ist weiblich
von Landkreis Harburg am 30.09.2024Armut ist weiblich: Unter dem Motto „Armut, die“ ging es bei der Bundeskonferenz der kommunalen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten um weibliche Armut mit all ihren Facetten. Andrea Schrag, Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Harburg, nutzte bei der Tagung in Würzburg die Gelegenheit, auch intensiv mit Bundesfamilienministerin Lisa Paus zu sprechen und ihr das Mentoringprogramm „Frau.Macht.Demokratie“ vorzustellen.
„Ich habe in den Fachforen viele Impulse erhalten. Zudem gab es viele Gelegenheiten für den persönlichen Austausch“, resümiert Andrea Schrag. Bei der Tagung haben die gut 500 Teilnehmerinnen neben dem inhaltlichen Teil auch die Erfolgsgeschichte von 40 Jahren Bundesarbeitsgemeinschaft gefeiert, die mit einer Jubiläumsbroschüre umfassend gewürdigt wurde.
In ihrer Begrüßungsrede ging Bundesgleichstellungsministerin Lisa Paus auf Themen wie die Abschaffung des § 218, die Familienstartzeit, die Kindergrundsicherung und das Gewalthilfegesetz ein. Sie betonte, sie werde sich für die Umsetzung einsetzen. „Ich hoffe sehr, dass diese Themen nicht im Ressourcengerangel der Ministerien untergehen, sondern diesen Worten auch Taten folgen“, stellte Andrea Schrag fest.
Am Nachmittag hielt Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbandes VdK Deutschland, einen großartigen Impulsvortrag. Am zweiten Tagungstag stand vor allem die Abstimmung über die Anträge aus den Landesarbeitsgemeinschaften im Mittelpunkt. Die Gleichstellungsbeauftragten formulierten unter anderem wichtige Forderungen an die Bundesregierung. Dabei geht es um:
· Abschaffung des Ehegattensplittings zur Überwindung tradierter Geschlechterrollen und Aufgabenverteilung innerhalb von Ehen
· Verbesserung der Situation ungewollt Schwangerer
· In Umsetzung der Istanbul-Konvention mit dem Gewalthilfegesetz geschlechtsspezifische Gewalt zügig und wirkungsvoll bekämpfen
· Proaktive, aufsuchende Krisenintervention und Beratung für Kinder nach Vorfällen von Partnerschaftsgewalt.
„Nun ist die Politik gefordert“, betont Andrea Schrag. „Die Forderungen müssen schnell umgesetzt werden und bedürfen keiner weiteren jahrelangen Wartezeit.“
Das von der Bundeskonferenz in den Mittelpunkt gestellte Thema „Armut, die“ betrifft insbesondere Frauen. Ins Thema führten die Bundessprecherinnen ein. Sie wiesen darauf hin, dass die Armutsgefährdungsquote kontinuierlich ansteigt. Mehr als 40 Prozent der Alleinerziehenden leben unterhalb der Armutsgrenze und fast jede 4. Frau ist von Altersarmut betroffen.
Der sogenannte Gender Pay Gap, also die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern, wird vor allem durch Unterschiede in der (Arbeits-)Zeit mitverursacht. Kinder betreuen, den Haushalt führen, einkaufen und Angehörige pflegen: Für viele Frauen in Deutschland sind all diese Aufgaben – meist als Care-Arbeit zusammengefasst – Teil des Alltags, natürlich unbezahlt. „Arbeit wird oft nur mit bezahlter Erwerbsarbeit gleichgesetzt“, kritisiert Andrea Schrag. „Der Wert unbezahlter Sorgearbeit bleibt dadurch unsichtbar. Obwohl sich der Anteil erwerbstätiger Frauen seit Jahren erhöht, steigt die Beteiligung an Sorge- und Hausarbeit von Männern kaum“, so Andrea Schrag.
Gleichzeitig fordern Unternehmen und Politik angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels eine 40-Stunden-Woche für alle. Das betrifft in erster Linie Mütter, da Väter bereits zu 92 Prozent in Vollzeit arbeiten. „Leider wird dabei verkannt, dass Mütter bereits einen Vollzeit-Job haben – nur eben einen unbezahlten“, stellt Andrea Schrag fest und verweist auf Studien, dass das Volumen der von Frauen geleisteten unbezahlten Sorgearbeit in Deutschland pro Jahr mit 72 Milliarden Stunden deutlich über dem bezahlten Gesamtarbeitsvolumen der Volkswirtschaft mit 60,6 Milliarden-Stunden liegt. „Care-Arbeit als „Nicht-Arbeit“ abzutun, verkennt ihre Bedeutung als Fundament allen wirtschaftlichen Handelns. Wertschöpfung wird keineswegs nur von privaten Unternehmen generiert. Arbeit fällt auch zu Hause an.“
Foto ©Landkreis Harburg/ Bildunterschrift:
Andrea Schrag (links) stellt der beeindruckten Bundesfamilienministerin Lisa Paus bei der Tagung auch das Mentoringprogramm „Frau.Macht.Demokratie“ vor.
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